Situation
Auf dem Flachdach eines Gewerbegebäudes mit Extensivbegrünung war eine Photovoltaikanlage aufgestellt worden.
In der Extensivbegrünung hatte sich in der Zeit nach der Herstellung trotz Wartungsmaßnahmen ein erheblicher Fremdbewuchs gebildet, welcher zu einer Teilbeschattung und zu einer erheblichen Leistungsminderung der Photovoltaikanlage führte.
Da die Ursache des intensiven Fremdbewuchses unklar war, wurde ich mit der Untersuchung der Extensivbegrünung beauftragt. Insbesondere sollte untersucht werden, ob das verwendete Mineralsubstrat für eine Extensivbegrünung geeignet war, oder ob ein zu hoher Anteil an organischer Substanz vorliegt.
Untersuchung des Fremdbewuches bei einem Ortstermin
Zur Untersuchung habe ich einen Ortstermin durchgeführt. Bei der Untersuchung des Flachdachs waren folgende augenscheinlichen Befunde hinsichtlich des Fremdbewuchses zu erkennen:
In der Extensivbegrünung war ein Fremdbewuchs vorhanden. Hierbei handelte es sich um hohe Gräser und staudenartige Gehölze.
Die Höhe der Gräser und Gehölze betrug teilweise bis zu 1,5 m.
Es war zu erkennen, dass insbesondere an den Unterkanten der Photovoltaikanlage sich ein intensiver Fremdbewuchs zeigte.
Probeentnahme aus dem Dachsubstrat
Zur weiteren Untersuchung habe ich eine Probe des Dachsubstrats entnommen. Die Untersuchung des Substrates der Extensivbegrünung habe ich entsprechend den Vorgaben der Dachbegrünungsrichtlinien, Ausgabe 2018, durchgeführt. Im vorliegenden Fall handelte es sich nach den Dachbegrünungsrichtlinien um eine „Probennahme im eingebauten Zustand“ gemäß Anhang B der oben genannten Richtlinie. Hierzu bin ich folgendermaßen vorgegangen:
Entnahme von insgesamt 15 Einzelproben, zu jeweils etwa 1 Liter aus der Substratschicht der Extensivbegrünung des Flachdaches. Hierzu habe ich die Mulchauflage sowie die oberen 2 bis 3 cm der Vegetationstragschicht entfernt und jeweils eine Einzelprobe aus der verbliebenen Dicke der jeweiligen Aufbauschicht entnommen.
Die Proben wurden repräsentativ verteilt über die gesamte Dachfläche entnommen. Vor Ort habe ich die Proben in Kunststoffbeutel verpackt und gekennzeichnet.
Aus den oben genannten 15 Einzelproben habe ich anschließend im Büro eine Mischprobe hergestellt, welche aus einer Menge von insgesamt 15 Liter bestand.
Die Probe wurde entsprechend gekennzeichnet, in einen geschlossenen Probebehälter verpackt und von mir persönlich in ein Materialprüfinstitut zur Untersuchung verbracht.
Laboruntersuchungen
Die entnommenen Proben aus der Extensivbegrünung der Flachdachfläche habe ich als Mischprobe zu einem Materialprüfinstitut gebracht. Der Untersuchungsauftrag umfasste folgende Punkte:
Bestimmung des Anteils an organischer Substanz
Bestimmung des Gehalts an Stickstoff
Bestimmung des Gehalts an Phosphat
Bestimmung des Gehalts an Kalium
Bestimmung des Gehalts an Magnesium
Untersuchungsergebnisse
Organische Substanz
Der Gehalt an organischer Substanz betrug gemäß den Untersuchungsergebnissen
56,3 g/l.
Nach den Dachbegrünungsrichtlinien beträgt der Sollwert für den Gehalt an organischer Substanz bei der vorliegenden einschichtigen Bauweise der Dachbegrünung:
maximal 40 g/l.
Beurteilung
Die extensive Begrünung auf der Flachdachfläche erfüllte nicht die Anforderung der Dachbegrünungsrichtlinien an den Gehalt an organischer Substanz bei einschichtiger Bauweise. Der Sollwert des Gehalts an organischer Substanz von maximal 40 g/l wird mit einem tatsächlich vorhandenen Wert der Extensivbegrünung von 56,3 g/l um
41 %
überschritten. Hierbei handelte es sich nicht nur um eine geringfügige Überschreitung, sondern um einen deutlich überhöhten und somit um einen unzulässigen Wert.
Gehalt an Stickstoff
Der Gehalt an Stickstoff betrug gemäß den Untersuchungsergebnissen
2,5 mg/l.
Nach den Dachbegrünungsrichtlinien liegt der Sollwert für den Gehalt an Stickstoff bei:
maximal 80 mg/l.
Beurteilung Die extensive Begrünung auf der Flachdachfläche erfüllte die Anforderung der Dachbegrünungsrichtlinien an den maximalen Gehalt an Stickstoff.
Gehalt an Phosphat
Der Gehalt an Phosphat betrug
120,0 mg/l.
Nach den Dachbegrünungsrichtlinien beträgt der Sollwert für den Gehalt an Phosphat:
maximal 200 mg/l.
Beurteilung: Die extensive Begrünung erfüllte die Anforderung der Dachbegrünungsrichtlinien an den Gehalt an Phosphat.
Gehalt an Kalium
Der Gehalt an Kalium betrug
1.150,7 mg/l.
Nach den Dachbegrünungsrichtlinien beträgt der Sollwert für den Gehalt an Kalium:
maximal 700 mg/l.
Beurteilung
Die extensive Begrünung erfüllte nicht die Anforderung der Dachbegrünungsrichtlinien an den Gehalt an Kalium. Der Sollwert des Gehalts an Kalium von maximal 700 mg/l wird mit einem tatsächlich vorhandenen Wert der Extensivbegrünung von 1.150,7 mg/l um
64 %
überschritten. Hierbei handelte es sich nicht nur um eine geringfügige Überschreitung, sondern um einen deutlich überhöhten und somit um einen unzulässigen Wert. Zusammenfassend zeigte sich, dass die vorliegende Extensivbegrünung nicht den Vorgaben und Anforderungen der Dachbegrünungsrichtlinien hinsichtlich des Gehalts an Kalium entsprach.
Gehalt an Magnesium
Der Gehalt an Magnesium betrug
185,9 mg/l.
Nach den Dachbegrünungsrichtlinien beträgt der Sollwert für den Gehalt an Magnesium:
maximal 200 mg/l.
Beurteilung: Die extensive Begrünung erfüllte die Anforderung der Dachbegrünungsrichtlinien an den Gehalt an Magnesium.
Zusammenfasende Beurteilung
Zusammenfassend zeigte sich, dass die vorliegende Extensivbegrünung die Vorgaben und Anforderungen der Dachbegrünungsrichtlinien an die Inhaltstoffe nicht vollumfänglich erfüllte. Insbesondere wurden an der entnommenen Mischprobe aus der einschichtigen Extensivbegrünung die maximalen Sollwerte der Dachbegrünungsrichtlinien an den
Gehalt an organischer Substanz um 41 %
und an den
Gehalt an Kalium um 64 %
überschritten. Hierbei handelte es sich in beiden Fällen nicht nur um eine geringfügige Überschreitung der zulässigen Werte, sondern um deutlich überhöhte und somit um unzulässige Werte. Im Hinblick auf die oben genannten Anforderungen an die Inhaltsstoffe der Extensivbegrünung lag somit ein Mangel vor.
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